Tattoos können eine kraftvolle Form des Selbstausdrucks und sogar der Selbstheilung sein. Viele Menschen entscheiden sich dafür, über Muttermale, Narben oder Dehnungsstreifen zu tätowieren – aus ästhetischen wie auch nicht-ästhetischen Gründen. Das Tätowieren auf diesen Hautarealen bringt jedoch besondere Herausforderungen mit sich, über die Sie sich als angehende/r TätowiererIn bewusst sein sollten.

Kann man über Muttermale tätowieren?

Das direkte Tätowieren über Muttermale wird im Allgemeinen aus mehreren Gründen nicht empfohlen. Zum Beispiel kann das Tätowieren über erhabene Muttermale eine unebene Oberfläche erzeugen, was zu einer ungleichmäßigen Farbabgabe führt. Zudem kann es Ihre KundInnen daran hindern, Veränderungen in Form oder Farbe des Mals zu erkennen, wenn es überstochen wurde.

Sie können jedoch um das Muttermal herum arbeiten und dennoch ein großartiges Tattoo für Ihre KundInnen gestalten. Viele KünstlerInnen entscheiden sich dafür, das Muttermal kreativ in das Design einzubeziehen, ohne es zu überdecken – so lassen sich Ästhetik und medizinische Sichtbarkeit in Einklang bringen.

Kann man über Dehnungsstreifen tätowieren?

Dehnungsstreifen sind eine Form von Narben, die entstehen, wenn sich die Haut durch Wachstum, Gewichtszunahme, Schwangerschaft oder Bodybuilding schnell dehnt. Sie erscheinen typischerweise als streifenartige Linien und weisen eine andere Textur als die umliegende Haut auf. Diese Unterschiede können beeinflussen, wie das Tattoo-Pigment aufgenommen und abgeheilt wird. Da die Haut an diesen Stellen oft dünner und empfindlicher ist, kann der Tätowiervorgang unangenehmer sein und die Heilung langsamer verlaufen.

Das Tätowieren über neue Dehnungsstreifen wird nicht empfohlen – bei verheilter Haut ist es jedoch möglich, wenn bestimmte Techniken beachtet werden:

  • Farb- und Schattierungstechnik: Tattoo-Farbe kann auf vernarbter Haut ungleichmäßig aufgenommen werden, daher werden Schattierungstechniken eingesetzt, um ein glatteres Erscheinungsbild zu erzielen.
  • Geeignete Stilrichtungen: Aquarell-, abstrakte oder illustrative Stile eignen sich gut zur Kaschierung von Dehnungsstreifen, da sie leichte Unebenheiten optisch ausgleichen.

Kann man über Narben tätowieren?

Narben unterscheiden sich je nach Typ und Entstehung und erfordern jeweils unterschiedliche Herangehensweisen:

  • Keloid: Verdickte, über das ursprüngliche Wundareal hinaus wachsende Narben. Diese bergen ein Risiko, da der Reiz von den Nadelmodulen weiteres Narbenwachstum auslösen kann.
  • Hypertrophe Narben: Erhabene Narben, die jedoch innerhalb des Wundbereichs bleiben.
  • Atrophe Narben: Eingesunkene Narben, z. B. durch Akne oder Windpocken.
  • Chirurgische/Brandnarben: Können große Areale mit veränderter Textur und Empfindlichkeit betreffen.

Das Tätowieren über Narben ist in der Regel nur zu empfehlen, wenn die Narbe vollständig verheilt ist. Dennoch bestehen Risiken wie Farbverläufe (Blowouts), ungleichmäßige Pigmentverteilung und Empfindlichkeitsprobleme, da vernarbte Haut mehr oder weniger sensibel sein kann als umliegendes Gewebe.

Wie bei Dehnungsstreifen und Muttermalen gilt: Das Tätowieren über Narben ist möglich – erfordert jedoch zusätzliche Überlegungen, um gleichwertig hochwertige Ergebnisse für Ihre KundInnen zu erzielen.

Matters Warum Erfahrung mit Narbengewebe entscheidend ist

Für TätowiererInnen ist es essenziell zu wissen, wie man mit vernarbtem Gewebe arbeitet – insbesondere wenn Sie KundInnen mit unterschiedlichsten Hautgeschichten eine inklusive und transformative Erfahrung bieten möchten. Vernarbte Haut verhält sich anders als gesunde Haut, weshalb Ihre Technik angepasst werden muss. Die richtige Tiefe, Druckanpassung und Pigmentplatzierung sind entscheidend, um sichere, wirksame und optisch ansprechende Ergebnisse zu erzielen.

Vor dem Tätowieren auf Narbengewebe sollten Sie möglichst viele Informationen einholen. Stellen Sie beispielsweise folgende Fragen:

  • Wie alt ist die Narbe oder der Dehnungsstreifen?
  • Wie hat sich das Gewebe nach früheren Verletzungen oder Tattoos erholt?
  • Gibt es bekannte Empfindlichkeiten oder Hauterkrankungen in diesem Bereich?

Heilung und Nachsorge bei komplexen Hauttypen

Bei Tätowierungen auf Narben, Muttermalen oder Dehnungsstreifen kann die Heilung verzögert oder reaktiver ausfallen. Sie sind dafür verantwortlich, Ihre KundInnen entsprechend aufzuklären:

  • Sorgfältige Beobachtung: Weisen Sie Ihre KundInnen darauf hin, auf ungewöhnliche Entzündungen, Anzeichen einer Infektion oder Farbverläufe (Blowouts) zu achten.
  • Individuelle Nachsorge: Empfehlen Sie sanfte Pflegeprodukte wie z. B. Hustle Butter Deluxe.
  • Mehrere Sitzungen einplanen: Seien Sie transparent, dass bei solchen Hauttypen Nacharbeiten oder Schichtungen nötig sein können, um ein gleichmäßiges Ergebnis zu erzielen.

Wann man ein Tattoo ablehnen oder verschieben sollte

Eine der wichtigsten Fähigkeiten, die Sie als TätowiererIn entwickeln können, ist das Wissen, wann Sie lieber nicht tätowieren sollten:

  • Veränderliche Muttermale: Tätowieren Sie niemals direkt über ein Mal, das wächst, dunkler wird oder seine Form verändert.
  • Frische oder heilende Narben: Nur vollständig verheilte Narben tätowieren – die Haut sollte flach, blass und stabil sein.
  • Aktive Hauterkrankungen: Bei Ekzemen, Psoriasis, Akne oder Hautausschlägen sollte die Behandlung verschoben werden, bis sich die Haut beruhigt hat.

Denken Sie daran: Die langfristige Gesundheit und Zufriedenheit Ihrer KundInnen sollte Ihre Entscheidungen stets leiten.

Das Tätowieren über Muttermale, Narben und Dehnungsstreifen ist nicht nur eine technische Herausforderung – es geht auch darum, die Geschichten und Besonderheiten hinter der Haut Ihrer KundInnen zu verstehen. Wenn Sie sich als neue/r KünstlerIn die Zeit nehmen, zu lernen, Fragen zu stellen und Ihre Technik an die individuelle Haut anzupassen, werden Sie sich deutlich von anderen abheben.